Codenames spielen und die Freude der Liebe empfinden

spielboxDie Freude der Liebe – Amoris laetita – ist ein Schreiben von Papst Franziskus zu Ehe und Familie. „Ungefähr zeitgleich zu Amoris laetita diskutiert die deutschsprachige Spieleszene, was ihrerseits unter Familie zu verstehen sei“, notiert der theologischen Blog feinschwarz und zitiert in seiner Codenames-Empfehlung einen Beitrag, den ich im letzten Jahr für die spielbox geschrieben habe.

» feinschwarz.net: Analoge Unterhaltung zu Weihnachten – Codenames

CodenamesWenn sich in Deutschland das Brettspiel auf die Zielgruppe „Familie“ konzentriert hätte, wäre es bereits in den neunziger Jahren ausgestorben, hatte ich mit Verweis auf die Negativrekorde bei den Geburtenraten festgestellt. „Die Deutschen lernten ohne Kinder zu spielen.“ Trotzdem wird seit einigen Jahren wieder verstärkt von Familienspielen gesprochen. „Weil die Menschen Schubladen lieben, hießen die Nicht-Vielspielerspiele plötzlich Familienspiele. Insbesondere jene, die sich im Netz mit Beiträgen, Tests und Besprechungen Gehör verschaffen, mögen den Begriff. Wobei er ein vergiftetes Lob ist. Wem ein bestimmtes Spiel nicht gefällt und der vor unverblümter Kritik zurückscheut, der sagt: prima für Familien geeignet. Vermutlich meint er eine Art Standardfamilie, die auf Pressefotos und in Fernsehspots der Verlage manchmal heute noch zu sehen ist: Mama, Papa plus zwei Kinder, deren Altersspanne zwischen acht Jahren und vor dem Einsetzen der Pubertät liegt. Eine kleinere Zielgruppe lässt sich in unserem Land kaum definieren“, war in der spielbox zu lesen.

Zumal sich mir die Frage stellt, was die Vorliebe für einfach zugängliche Spiele auf der einen Seite und komplexe Drei-Stunden-Epen auf der anderen Seite überhaupt mit dem Familienstand zu tun hat. Ich spiele das angebliche Familienspiel Kingdomino doch genauso gut mit Nachbarn und Kolleginnen, während ich auf der Familienfeier die halbwüchsigen Nichten und Neffen viel eher mit Codenames begeistern kann, für dessen angebliche „Nicht-Familieneignung“ die Spiel-des-Jahres-Jury viel Kritik einstecken musste.

Kingdominofeinschwarz stellt meine Argumentation jetzt auf den Kopf und behauptet, dass die spielbox implizit eine neue Arbeitsdefinition vorschlage: „Familie sei, wer gemeinsam miteinander spielt.“ Weiter schreiben Simon Harrich und Gerrit Spallek: „Gerade die Familien der Vielspielerinnen und Vielspieler seien häufig nicht mehr auf biologische Vergemeinschaftungen einzugrenzen. Zeitgenössisch sei bei Familie auch an WGs, feste Cliquen, feste Freundeskreise und langjährige Gesellschaftsspielrunden zu denken“, so feinschwarz.

Die Theologen Harrich und Spallek plädieren also dafür, einfach jedes Spiel als „Familienspiel“ zu bezeichnen. Ich hingegen hatte das Gegenteil im Sinn: Hört auf, die Zielgruppe von Spielen künstlich zu verkleinern, indem deren Familieneignung penetrant in den Mittelpunkt gestellt wird!