Autor: Harald Schrapers

„Ausverkauft“: Spiel Essen zieht erfolgreiche Bilanz

Spiel Essen

204.000 Besucherinnen und Besuchern waren in diesem Jahr in die Messehallen an der Gruga gekommen: Damit war die Spiel Essen erstmals in ihrer 41-jährigen Geschichte ausverkauft. Bereits drei Tage vor ihrer Eröffnung sind sämtliche Dauerkarten vergriffen. Später werden nach und nach auch die Tageskarten aus dem Verkauf genommen. Trotzdem werde die Rekordzahl von 2019, als die Internationalen Spieltage 209.000 Besucherinnen und Besucher verkündeten, nicht erreicht, sagt mir Robin de Cleur bereits am dritten Messetag in einer Zwischenbilanz. „Es sind nie mehr als 50.000 gleichzeitig da“, begründet dies der Pressesprecher der Spiel. „Wir lassen nicht mehr so viele auf die Fläche.“ Das hätten sie aus Sicherheitsgründen so entschieden. „Und wir wollen das Erlebnis angenehm halten“, so de Cleur.

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Michael Kellner spielt

Besuch aus Berlin: Der Grünen-Abgeordnete und Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (zweiter von rechts) spielt bei Ravensburger die „Pop Culture“-Edition von That’s not a Hat. (Foto: Seemann/Ravensbg.)

Auch in den Hallen wird deutlich, dass es voll ist, aber nicht voller als in den Vorjahren. Ein Gang vom Ende der Halle 3, wo Carol Rapp ein Communityevent von Medienschaffenden und Influencern – das Meet & Play – besucht, bis zur Halle 6 zeigt: Es gibt zumindest an diesem Samstagnachmittag keine wirklichen Staus. Dass Rapp trotzdem nicht flott durchkommt, liegt daran, dass sie auf dem Weg immer wieder für kurze Gespräche anhält, weil Besucherinnen und Ausstellern die Gelegenheit nutzen, sich bei ihr zu bedanken.

Halle 3

Halle 3: Hier stellen Pegasus Spiele und viele Verlage aus, die auf die Fans von Kenner- und Expertenspielen zielen.

2019 waren die Gänge noch deutlich schmaler, und insbesondere die Halle 3, in der sich der Großteil der meistbesuchten Aussteller befand, stand am Rande seiner Kapazität (oder hatte sie vielleicht überschritten). Carol Rapp hatte schon 2023 entschieden, viele sehr große Verlage in die Halle 6 umzusiedeln. Das hat die Situation entspannt, und in diesem Jahr hat sich das etabliert. Da viele dieser Verlage ihre eh schon großen Stände jetzt noch mal vergrößert haben, ist mehr Spielfläche an den vom breiten Publikum gewünschten Stellen entstanden. Gleichzeitig konnte die Spiel schon sehr früh verkünden, dass sie ausstellerseitig komplett ausgebucht sei. Der Trend zu größeren Ständen – auch die Mindestgröße wurde erhöht, damit zwei Tische jetzt so an den Stand passen, dass keine Stühle in den Gang ragen – führt zu einem minimalen Rückgang bei der Gesamtzahl der Ausstellenden. Es gäbe neun Stände weniger als im Vorjahr, bestätigt Carol Rapp.

Halle 6

Halle 6: Asmodee, Hutter, Kosmos, Ravensburger, Schmidt und Co. – Verlage, die das breite Publikum erreichen möchten.

Der Riesenerfolg der diesjährigen Spiel trifft auf eine Branche, die sich einem schwierigen konjunkturellen Umfeld befindet. Das leichte Umsatzplus der Spieleverlage wird getrieben von wenigen extrem erfolgreichen Trading Card Games. Bei den wirklichen Brettspielen ist der Umsatz vergleichsweise bescheiden. Das Weihnachtsgeschäft sei nicht wirklich gut gewesen, ist bei einigen Verlagen zu hören, folglich sei im Januar nur wenig nachgeordert worden. Außerdem gebe es einen Trend zu preiswerten Spielen. Die Nachfrage nach opulent ausgestatten Riesenboxen mit Preisen auch oberhalb von hundert Euro, die einem im Zuge der Pandemie noch aus den Händen gerissen wurden, sei erheblich zurückgegangen. Auch das macht sich in den Umsatzzahlen bemerkbar, bei denen es sich nicht um Stückzahlen handelt. Optimisten nehmen deshalb an, dass sich die Brettspielnachfrage – in Exemplaren gerechnet – weiterhin auf hohem Niveau befindet. Der Erfolg der ausverkauften Messetage scheint diese zu belegen: Spielen ist beliebt und wird immer beliebter.

„Ausverkauft“ hat auch seine Schattenseiten. Es verhindert, dass Menschen aus dem Ruhrgebiet spontan vorbeikommen. Aber auch weit angereiste Besucherinnen und Besuchern stehen vor Türen, die für sie verschlossen blieben. Sie hatten zwar Flug- oder Bahntickets und das Hotel teils monatelang vorab gebucht, aber keine Messetickets. Sie hatten darauf vertraut, dass dies auch 2024 spontan möglich sei. Zwischen dem Verkaufsstopp für die Dauertickets – der auf allen erreichbaren Kanälen verkündet wurde – und dem Ausverkauf der Tagestickets für Donnerstag lagen keine 48 Stunden. Für nicht wenige Menschen war diese Frist zu kurz.

2025 findet die Spiel vom 23. bis 26. Oktober statt. Damit umgeht sie zwar den Feiertag 3. Oktober, sondern liegt innerhalb der NRW-Herbstferien. Mit einem Besucherrückgang rechne ich nicht. 2025 werden wir nicht mehr überrascht sein: Die Spiel gehört künftig zu den Großevents, bei denen wir wissen, dass man sich rechtzeitig um Tickets bemühen muss.

Deutscher Spiele Preis: Kosch gewinnt mit Mischwald

Kosch

Kosch siegt mit Mischwald beim Deutschen Spiele Preis 2024. Sein Kartenspiel konnte sich gegen Sky Team und Die weiße Burg bei dem seit 1990 vergebenen Award durchsetzen, der auf einer Fachpublikums-Abstimmung beruht.

„Es ist entstanden aus Liebe zur Natur“, sagte Kosch über Mischwald. Eine befreundete Biologin habe ihn dazu inspiriert. „Mir ist auch wahnsinnig wichtig, dass das Spiel nachhaltig produziert wurde“, betonte Kosch, als er am Vortag der Spiel Essen die Trophäe entgegennahm. „Wir wollten es richtig machen“, ergänzte Hanno Girke vom Lookout-Verlag. Das gelte nicht nur für die Herstellung des Spiels, sondern auch inhaltlich. Deshalb habe man bei der Entwicklung sogar forstwirtschaftlichen Sachverstand hinzugezogen, um den Bäumen keine falschen Fertigkeiten zuzuschreiben, erzählte Girke. mehr »

Jüdische und arabische Israelis: gemeinsamer Spieleabend

Bollwerk Moers

Pictures ist ein tolles Spiel, sagte die Studentin Hagar beim „Spielend für Toleranz“-Abend im Moerser Kulturzentrum Bollwerk. Der Verein Spiel des Jahres hatte zehn Israelis zu Spielen, Essen und Getränken eingeladen, um erneut ein Zeichen für Zusammenhalt sowie gegen Antisemitismus und Rassismus zu setzen. mehr »

Jubel und nachdenkliche Momente in der nhow Music Hall

Die Siegerspiele 2024

E-Mission ist das Kennerspiel des Jahres: Hier bekämpfen wir als Weltmächte die Klimakatastrophe. Das fühlt sich, was für ein analoges Spiel eine große Leistung ist, in wichtigen Punkten so realistisch an, dass man gar nicht mehr von „Spielspaß“ reden mag. Denn die stetig steigende Temperatur und die viel zu vielen Emissionen trüben die Stimmung. Es ist der faszinierende „Spielreiz“, der E-Mission auszeichnet.

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Schrapers, Feller

Lisa Feller öffnet den roten Umschlag: Sky Team ist das Spiel des Jahres 2024.

Sky Team bietet das programmatische Gegenprogramm. Hier dürfen wir im Cockpit eines Flugzeugs mithelfen, dass Klima zu ruinieren – und zwar komplett ohne schlechtes Gewissen. Das ist das Schöne am Brettspiel: Wir können uns nicht nur über die weiche Landung freuen, sondern auch darüber, dass wir diese ohne klimaschädigende und lärmende Emissionen geschafft haben. mehr »

Hinter den Kulissen der „Traditionsauszeichnung“

Bei Brettspielen sind digitale Elemente weiterhin eine rare Ausnahme, habe ich im Interview mit dem schweizerischen Portal nahaufnahmen.ch gesagt. Zwar glaube ich, dass es bei der Verschränkung von analogen und digitalen Spielen noch viele Möglichkeiten gibt. Aber ob daraus wirklich überzeugende Spiele werden, kann ich immer erst dann erkennen, wenn sie bei mir auf dem Tisch liegen. „Rezepte“ für die Entwicklung eines guten Brettspiels gibt es eh nicht. » nahaufnahmen

Hunter-Interview: Spiel des Jahres 2024

Johannes Jäger hatte auch in diesem Jahr ein paar Fragen zum Spiel des Jahres. Ich habe gesagt, dass sich die Spiel-des-Jahres-Auszeichnung von einem Buchpreis unterscheidet, der alleine darauf beruht, dass das Buch dem Kritiker gefällt. Ein Spiel – und das gilt auch für die Kennerspiele – kann mich hingegen nur dann begeistern, wenn es auch meinen Mitspielenden gefällt.

Spiel des Jahres 2024: Empfehlungen und Nominierungen

Schlewinski, Schrapers475 deutschsprachige Neuheiten sind im abgelaufenen Jahrgang in den Handel gekommen und wurden von den Jurymitgliedern gespielt, habe ich bei der Bekanntgabe der Longlist und der Shortlist gesagt. Hinzu kommen zirka 80 Varianten und Neuauflagen bereits bekannter Spiele.
Die rot-anthrazite Jury hat 351 Neuheiten gespielt (plus 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), darunter 2,6 Prozent Autorinnenspiele und 95 Prozent Autorenspiele. Die blaue Jury, die von Christoph Schlewinski koordiniert wird, zählte 83 Kinderspiele (plus sechs Prozent). 41 Spiele wurden von beiden Jurys gespielt. mehr »

Comet · E-Mission · Ritual · Harmonies

Das spielerische QuartettIm Spiel-des-Jahres-Podcast „Das spielerische Quartett“ habe ich Comet von Peter Prinz, erschienen bei Funtails und Huch, vorgestellt. Außerdem ging es in der Diskussion mit Karsten Grosser, Nico Wagner und Alexandra Kemmerer um die Titel E-Mission, Ritual und Harmonies.

Demokratie und Brettspielregeln: gegen schlechte Gewinner

Die Verfassung einer liberalen Demokratie könne man sich wie die Regeln eines Brettspiels vorstellen, meint der Rechtspopulismus-Forscher Marcel Lewandowsky. „Weil die Regeln für alle Mitspieler dieselben sind“, sagt er im Interview mit dem Spiegel. „Jeder kann gewinnen, aber selbst der Gewinner kann die Regeln nicht einfach ändern.“ mehr »

Uno-Mau-Mau-Derivate: FTW?! vs. Passt nicht!

FTW vs. Passt nicht

Zwei herausragende Kartenspiele, zeitgleich erschienen, möchten die Uno-Mau-Mau-Mechanik neu interpretieren: der bekannte Spieleautor Friedemann Friese mit FTW und der noch recht unbekannte Thomas Weber mit Passt nicht. Ziel ist es, Karten passend auf den Stapel in der Tischmitte abzulegen und möglichst als erster eine leere Hand zu haben – bei FTW allerding nur fast leer. Alle Karten, die man am Ende überflüssigerweise noch auf der Hand hat, zählen als Minuspunkte. mehr »