204.000 Besucherinnen und Besuchern waren in diesem Jahr in die Messehallen an der Gruga gekommen: Damit war die Spiel Essen erstmals in ihrer 41-jährigen Geschichte ausverkauft. Bereits drei Tage vor ihrer Eröffnung sind sämtliche Dauerkarten vergriffen. Später werden nach und nach auch die Tageskarten aus dem Verkauf genommen. Trotzdem werde die Rekordzahl von 2019, als die Internationalen Spieltage 209.000 Besucherinnen und Besucher verkündeten, nicht erreicht, sagt mir Robin de Cleur bereits am dritten Messetag in einer Zwischenbilanz. „Es sind nie mehr als 50.000 gleichzeitig da“, begründet dies der Pressesprecher der Spiel. „Wir lassen nicht mehr so viele auf die Fläche.“ Das hätten sie aus Sicherheitsgründen so entschieden. „Und wir wollen das Erlebnis angenehm halten“, so de Cleur.
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Auch in den Hallen wird deutlich, dass es voll ist, aber nicht voller als in den Vorjahren. Ein Gang vom Ende der Halle 3, wo Carol Rapp ein Communityevent von Medienschaffenden und Influencern – das Meet & Play – besucht, bis zur Halle 6 zeigt: Es gibt zumindest an diesem Samstagnachmittag keine wirklichen Staus. Dass Rapp trotzdem nicht flott durchkommt, liegt daran, dass sie auf dem Weg immer wieder für kurze Gespräche anhält, weil Besucherinnen und Ausstellern die Gelegenheit nutzen, sich bei ihr zu bedanken.
2019 waren die Gänge noch deutlich schmaler, und insbesondere die Halle 3, in der sich der Großteil der meistbesuchten Aussteller befand, stand am Rande seiner Kapazität (oder hatte sie vielleicht überschritten). Carol Rapp hatte schon 2023 entschieden, viele sehr große Verlage in die Halle 6 umzusiedeln. Das hat die Situation entspannt, und in diesem Jahr hat sich das etabliert. Da viele dieser Verlage ihre eh schon großen Stände jetzt noch mal vergrößert haben, ist mehr Spielfläche an den vom breiten Publikum gewünschten Stellen entstanden. Gleichzeitig konnte die Spiel schon sehr früh verkünden, dass sie ausstellerseitig komplett ausgebucht sei. Der Trend zu größeren Ständen – auch die Mindestgröße wurde erhöht, damit zwei Tische jetzt so an den Stand passen, dass keine Stühle in den Gang ragen – führt zu einem minimalen Rückgang bei der Gesamtzahl der Ausstellenden. Es gäbe neun Stände weniger als im Vorjahr, bestätigt Carol Rapp.
Der Riesenerfolg der diesjährigen Spiel trifft auf eine Branche, die sich einem schwierigen konjunkturellen Umfeld befindet. Das leichte Umsatzplus der Spieleverlage wird getrieben von wenigen extrem erfolgreichen Trading Card Games. Bei den wirklichen Brettspielen ist der Umsatz vergleichsweise bescheiden. Das Weihnachtsgeschäft sei nicht wirklich gut gewesen, ist bei einigen Verlagen zu hören, folglich sei im Januar nur wenig nachgeordert worden. Außerdem gebe es einen Trend zu preiswerten Spielen. Die Nachfrage nach opulent ausgestatten Riesenboxen mit Preisen auch oberhalb von hundert Euro, die einem im Zuge der Pandemie noch aus den Händen gerissen wurden, sei erheblich zurückgegangen. Auch das macht sich in den Umsatzzahlen bemerkbar, bei denen es sich nicht um Stückzahlen handelt. Optimisten nehmen deshalb an, dass sich die Brettspielnachfrage – in Exemplaren gerechnet – weiterhin auf hohem Niveau befindet. Der Erfolg der ausverkauften Messetage scheint diese zu belegen: Spielen ist beliebt und wird immer beliebter.
„Ausverkauft“ hat auch seine Schattenseiten. Es verhindert, dass Menschen aus dem Ruhrgebiet spontan vorbeikommen. Aber auch weit angereiste Besucherinnen und Besuchern stehen vor Türen, die für sie verschlossen blieben. Sie hatten zwar Flug- oder Bahntickets und das Hotel teils monatelang vorab gebucht, aber keine Messetickets. Sie hatten darauf vertraut, dass dies auch 2024 spontan möglich sei. Zwischen dem Verkaufsstopp für die Dauertickets – der auf allen erreichbaren Kanälen verkündet wurde – und dem Ausverkauf der Tagestickets für Donnerstag lagen keine 48 Stunden. Für nicht wenige Menschen war diese Frist zu kurz.
2025 findet die Spiel vom 23. bis 26. Oktober statt. Damit umgeht sie zwar den Feiertag 3. Oktober, sondern liegt innerhalb der NRW-Herbstferien. Mit einem Besucherrückgang rechne ich nicht. 2025 werden wir nicht mehr überrascht sein: Die Spiel gehört künftig zu den Großevents, bei denen wir wissen, dass man sich rechtzeitig um Tickets bemühen muss.