Halle 1

Essen: Welthauptstadt des analogen Spielens

Die Messehallen bei der Spiel waren erstmals seit 2019 wieder voll. Zumindest die Zahl der Stände näherte sich der Vor-Corona Zeit. Die Zahl der Besucherinnen und Besuchern gibt der veranstaltende Friedhelm-Merz-Verlag mit 147.000 an, also war die Zahl nicht nur gefühlt deutlich niedriger als 2019.

Allerdings war 2019 mit seinen 209.000 Messegästen ein extremes Jahr, bei der es bis auf den Sonntag zu teils massiven Staus in manchen Gängen kam. Der Besucherandrang brachte die Infrastruktur der Messehallen, etwa bei den Toilettenanlagen, an den Rande des erträglichen. Solche Berichte blieben diesmal aus, und auch der Verkehr Richtung Essen-Rüttenscheid, egal ob U-Bahn oder Autobahn, verlief weitgehend flüssig.

Im Vorjahr, als viele wichtige Aussteller, vorweg die Asmodee-Gruppe, nicht nach Essen kamen, litt die Spiel unter zu viel wenigen Plätzen an den Spieltischen, obwohl nur 94.000 Besucherinnen gezählt wurden. Grund dafür waren die Abstandsregeln, auf die – mit Ausnahme von Kosmos – kaum ein Verlag mit einer Vergrößerung der Messefläche reagiert hatte. Kosmos, mit dem diesjährigen Spiel des Jahres – Cascadia – im Gepäck, bespielte diese große Fläche diesmal mit ungefähr verdoppelter Tischzahl direkt am Eingang der größten Messehalle, der Halle 3. Der Teil der zu Asmodee gehörenden Verlage, der früher auch im vorderen Halle-3-Bereich positioniert waren, mussten nun in Halle 1 auf Flächen ausweichen, die 2021 ungenutzt blieben.

Ansonsten wirkte die Messe im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten unverändert – bis auf die Maskenpflicht. Sie wurde, denn Brettspielerinnen und -spieler sind regeltreu, durchweg eingehalten.

Halle 1Noch im Februar war die Nürnberger Spielwarenmesse ausgefallen, nachdem viele Aussteller ihre Teilnahme storniert hatten. Grund dafür war Corona, aber auch die Tatsache, dass man gelernt hat, auch per Videokonferenz Geschäfte zu machen. Persönliche Treffen sind nicht mehr zwingend notwendig, wenn man nur reden und nicht spielen will. In Nürnberg wird nicht gespielt, und darunter leidet die Fachhandelsmesse. Auch dies wird ein Argument dafür gewesen sein, dass die Spielwarenmesse e.G. jetzt den Friedhelm-Merz-Verlag und damit die zukunftssichere Spiel, die weiterhin in Essen im nordrhein-westfälischen Ballungsraum verbleibt, übernommen hat. Analoge Spiele kann man nur dann erleben, wenn man sie in der Hand hält und gemeinsam am Tisch sitzt.

Die Bedeutung der Messen, und dies gilt auch für Essen, als Erscheinungstermin von Spielen, geht hingegen zurück. Vor einigen Jahren kamen Spiele entweder in den zwei Monaten nach der Nürnberger Messe oder pünktlich zu Essen in den Handel. Corona und die damit entstandenen Lieferkettenprobleme waren ein Auslöser für eine Veränderung des Marktes. Mehr als hundert deutschsprachige Neuerscheinungen landeten jetzt schon vor den Essener Spieltagen im Fachhandel – ungefähr ein Drittel der Zahl der Neuheiten, die im vorangegangenen Jahrgang insgesamt erschienen war. Einige der schon im Sommer auf den Markt gekommenen Spiele waren verspätete Nürnberg-Neuheiten. Bei anderen Verlagen spielt der Messekalender eh keine Rolle mehr. Spiele erscheinen kontinuierlich über das ganze Jahr hinweg, so dass der Spielejahrgang 2023 nicht mehr im Oktober startet, sondern eigentlich bereits im April begonnen hat.

Für die Essener Messebesucherinnen ist das egal. Für die große Mehrheit ist auch ein Spiel, das bereits vor ein paar Monaten erschienen ist, eine Neuheit. Und die Internationalen Spieltage sind die Chance, es kennenzulernen.