Vermutlich ist es gar nicht möglich, Spielmaterial noch nüchterner zu gestalten, als dies bei Sticheln geschehen war. Gestört hat mich das nie. Hauptsache es funktioniert. Auch nach 25 Jahren ist das von Klaus Palesch erdachte und bei Amigo erschienene Sticheln immer noch ein Kartenspiel, das mit der heutigen Stichspielkonkurrenz mühelos mithalten kann.
Sticheln war meine erste Berührung mit dem Genre des Stichspiels, an die ich mich erinnere. Außer Skat und Doppelkopf. Die kannte ich selbstverständlich – aber die beiden Spiele machten mir keinen Spaß mehr. Sie waren zu sehr verwissenschaftlicht und zu ernst: Wer eine nicht so gute Karte ausspielt, wurde von seinen Doppelkopf-Kollegen sofort für bescheuert erklärt, und es wurde detailliert nachgewiesen, welche Karte man hätte korrekterweise spielen müssen.
Sticheln war 1993 neu, und man durfte es selbst entdecken und erleben. Die angespielte Karte ist die Grundfarbe. Alle anderen Farben sind Trumpf. Außerdem hat sich jeder Spieler seine Ärgerfarbe ausgesucht. Das heißt, ein gewonnener Stich kann Fluch oder Segen sein. Pro gewonnener Karte gibt es grundsätzlich einen Siegpunkt. Wenn es aber die Ärgerfarbe ist, bedeutet dies Minuspunkte in Höhe des Kartenwertes.
Das Gewinnen eines Stichs ist gar nicht so wichtig. Sondern ich triumphiere dann, wenn ich dem Mitspieler einen Stich unterzuschiebe, der dessen Ärgerfarbe enthält. Ich kann mich noch lebhaft an das niederrheinische Vorrundenturnier der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Brettspiel 1995 erinnern. Mein Sieg beim Sticheln war legendär …Sticheln: Ein bestechend gutes Kartenspiel. Von Klaus Palesch. NSV