Dice Forge und Decrypto: Verkomplizierende Anleitungen

Spielanleitung und Spielregel – ist das nicht das gleiche? Nein. Den Beweis tritt Dice Forge an.

Dieses Spiel gehört zu den Highlights des Jahrgangs 2018. Wenn man es schafft, das Spiel zu beginnen. Denn in der ersten Auflage türmt sich die Spielanleitung als Hürde vor einem auf. Erst wenn man diese überwunden hat, kann man den Reiz des „Würfelschmiedens“ erleben, das hier zelebriert wird. Meine beiden Würfel sind am Anfang noch ziemlich mau ausgestattet, ich kann nur selten mehr als eine Ressource gewinnen. Deswegen kaufe ich mir kleine Plättchen, die mehr bedeuten: beispielsweise vier Gold oder zwei blaue Mond- oder gelbe Sonnensplitter. Ich hebele dann eine Würfelseite ab und drücke das neu erworbene Plättchen an den Würfel. Damit kann ich mein Glück positiv beeinflussen.

Dice Forge

Dice Forge ist kein sehr einfaches Spiel, aber sicherlich auch kein schweres Spiel. Würfel aufwerten auf der einen Seite, auf der anderen Seite Karten erwerben, die oft viele Siegpunkte bedeuten, da muss man taktisch klug umschalten. Wie lange lohnt sich die Würfelmanipulation, ab wann setze ich ausschließlich auf Siegpunkterwerb?

Wer sich das Spiel erklären lässt, hat es schnell verstanden. Wer die Anleitung – erste Auflage – gelesen hat, versteht die Regeln aber nicht. Wir sehen: Die Regeln können einfach sein, die Anleitung aber kompliziert. Immerhin beweist Dice Forge, dass es durchaus möglich ist, für einfache Regeln brauchbare Anleitungen zu schreiben: Denn soeben ist bei mir die deutlich verbesserte Neufassung eingetroffen, die demnächst den Spielen beiliegt.

Ende gut, alles gut? Ja, aber nur bei diesem Spiel.

Decrypto

Jetzt kam Decrypto auf meinen Spieletisch. Das ist ein Kommunikationsspiel, das insbesondere an Linq erinnert und vielleicht eine Spur anspruchsvoller als Codenames ist. Man muss sich Wörter ausdenken, die Begriffe erklären: Und zwar so gut, dass das eigene Team es gerade noch versteht, die Gegner einem aber nicht auf die Schliche kommen.

Ein Beispiel: Der Code lautet 2-1-4, und dem sind die Worte „Protest, Büro, Frosch“ zugewiesen. Ich schreibe „Transparent, Tisch, König“ auf. Mein Mitspieler muss die Begriffe jetzt korrekt zuweisen und sie keinsfalls mit dem vierten Wort „Mikroskop“ in Verbindung bringen. Das Gegnerteam kann unsere Begriffe nicht sehen. Sie hören nur unsere Worte: „Transparent“ zum Beispiel. Wenn in den Folgerunden da noch „Demonstration“ und „Marsch“ dazukommt, schaffen sie es sicherlich, „Protest“ zu erraten. Für uns ist das nicht gut, denn es heißt, wir haben zu naheliegende Tipps gegeben.

Optimal ist es, wenn zwei Zweiter-Teams sich duellieren, auch mit zwei Dreier-Teams geht es gut. Dann ist Decrypto eine herausragende Spielidee, sie macht viel Spaß und ist grundsätzlich ziemlich anspruchsvoll – eine besondere sprachliche Kreativität ist von Vorteil –, was aber eigentlich nicht an der Regel liegt. Denn die ist gut nachvollziehbar. Die Spielanleitung ist hingegen maximal unverständlich. Sie muss quasi dechiffriert werden, in Einzelteile zerlegt, interpretiert, nachgestellt und schrittweise umgesetzt werden. Ein Trauerspiel. Denn eigentlich wollen wir nur spielen.

Dice Forge. von Régis Bonnessée. Libellud
Decrypto: Communicate Safely. von Thomas Dagenais-Lespérance. Scorpion Masqué

» Download: Dice Forge Spielanleitung 2. Auflage